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Blogbeiträge sind Meinungsbeiträge des jeweiligen Autors/Autorin und spiegeln nicht in jedem Fall die Auffassung der Deutschen Ordensobernkonferenz wider.

Nora Wohnhas über ihr Ordensjahr bei den Steyler Missionsschwestern (2023-2024)

Foto: privat

Auszug aus Nora Wohnhas' Bericht:

Ich heiße Nora Wohnhas (26) bin gelernte Schreinerin und Diätassistentin und komme aus einem kleinen Dorf in Oberschwaben. (...) Im Frühjahr 2023 habe ich angefangen zu überlegen, was ich nach meinen Abschlussprüfungen im Herbst machen will. Der Alpsommer für 2024 stand schon fest. Doch auf die Almen geht man erst im Mai oder Juni… da sind ja doch noch ein paar Monate dazwischen. Seit Längerem schon habe ich mit dem Gedanken gespielt, eine gewisse Zeit in ein Kloster zu gehen, vielleicht so ein bis zwei Wochen. Ein bisschen „besinnen“ und mich einigen Fragen stellen, die seit ein paar Jahren immer wieder anklopfen. „Wer bin ich?“, „Wer ist Gott?“, „Wieso bin ich hier?“, Was ist der Sinn des Lebens?“ und so weiter. (...)

 

Nach einer kurzen Recherche im Internet, bin ich auf die Seite des Freiwilligen Ordensjahres (FOJ) gestoßen. Kurz beschrieben ist das eine Mitlebezeit in einer Ordensgemeinschaft, die nicht die Absicht voraussetzt, eintreten zu wollen. Ohne viel zu überlegen, habe ich dort angerufen. Von der Koordinierungsschwester wurde ich bestens über die Strukturen unterschiedlichster Klöster informiert. (...) Schließlich stellte meine sehr sympathische Gesprächspartnerin fest: „Ich denke die Steyler Schwestern in Frankfurt könnten was für dich sein. Die haben echt tolle Projekte und auch eine eigene Pommesbude.“ Das hörte sich doch gut an! Nach einer E-Mail und einem Telefonat mit der Leiterin der Gemeinschaft in Frankfurt, Sr. Bettina Rupp, war schnell ein Kennenlern-Wochenende vereinbart. Und danach stand fix fest: Ich gehe für ein halbes Jahr ins Kloster beziehungsweise ins „Pfarrhaus“ mitten in der Großstadt (...)

Ich kann es von ganzem Herzen weiterempfehlen. Egal ob man mit vielen Fragen, der Hoffnung auf Ruhe, Struktur oder Gebet anreist, so eine Zeit im Kloster prägt, und das auf eine ganz wunderbare Weise.

Den kompletten Bericht von Nora Wohnhas finden Sie hier in einem gesonderten Artikel.

Der Bericht wurde erstmals hier auf der Website der Steyler Missionarinnen veröffentlicht. Dort finden sich weitere Fotos.

 


Herbst 2023: Kristina Heitmann bei den Dominikanerinnen in Arenberg

#1 Nimm Dir Zeit für dich

Als ich im Oktober 2020 in einem Interview im Deutschlandfunk das erste Mal etwas vom damals noch recht neuen Projekt des freiwilligen Ordensjahres der Deutschen Ordensobernkonferenz (kurz DOK) hörte, hätte ich nie gedacht, dass das einmal irgendwas mit mir zu tun haben könnte. Ich hörte mir den durchaus interessanten Beitrag an, vergaß ihn dann aber auch schnell wieder. Vielleicht lag es daran, dass der Herbst 2020 als tiefste Corona-Zeit nicht gerade zur Planung neuer Projekte einlud. Vielleicht hatte ich bisher, abgesehen von einer Studienfahrt in ein österreichisches Benediktinerkloster zu Schulzeiten, auch einfach zu wenig mit Klöstern zu tun. Irgendwie sind in den 37 Jahren meines Lebens bisher Klosterurlaube, Exerzitien oder Kurse im Kloster komplett an mir vorbeigegangen.

Als sich im Herbst 2022 jedoch mein Überstundenkonto der Dreistelligkeit näherte und auch noch jede Menge alte Urlaubstage auf eine schöne Verwendung wartete, dachte ich zum ersten Mal über ein Sabbatical nach. Die Arbeit war in der letzten Zeit viel und auch sehr intensiv gewesen, so dass ich im ersten Schritt an zwei freie Monate dachte. Und auch wenn meine Kolleginnen und Kollegen ihre Überstunden und Urlaubstage in längere Reisen nach Australien, Nepal oder Namibia investierten, war mir so gar nicht nach einer großen Reise zumute. Blieb die Frage, was ich dann mit meiner freien Zeit anfangen wollte. Und es dauerte nicht lange bis mir das freiwillige Ordensjahr wieder einfiel.

Dieses Ordensjahr, das unter dem Motto „Nimm Dir Zeit für dich“ steht, ermöglicht es Menschen zwischen 18 und 75 Jahren für drei bis zwölf Monate in einem Kloster mit zu leben. Dabei muss man nicht katholisch sein oder eine Berufung zum Ordensleben verspüren. Man kann auch wie ich evangelisch sein oder keiner Religion angehören. Es braucht allerdings die Bereitschaft, sich auf das Mitleben, Mitlernen, Mitarbeiten und vor allem auf das Mitbeten in der jeweiligen Ordensgemeinschaft einzulassen. Wer „nur mal Klosterurlaub“ machen will, ist meines Erachtens in diesem Konzept falsch. Und nicht zuletzt braucht es auch die Entscheidung, die ganze Sache anzugehen. Denn was damit an organisatorischen Dingen auf mich zu kommen sollte, habe ich dann in den folgenden Monaten gemerkt.

Wer mehr zum freiwilligen Ordensjahr wissen möchte, der findet weitere Infos und Ansprechpartner unter: https://www.ordensjahr.de/


#2 Vorbereitungen … und der nötige Papierkram

Wie heißt es schon im Projektmanagement so schön: Ein Projekt beginnt mit der Entscheidung dafür und nicht erst mit dem offiziellen Start. Nachdem also mein Interesse für eine dreimonatige Auszeit in einem Kloster geweckt worden war und eine Rücksprache mit meiner Chefin ergeben hatte, dass auch drei Monate Abwesenheit mit ausreichend zeitlichem Vorlauf möglich sind, telefonierte ich im Januar 2023 mit der Ansprechpartnerin für das freiwillige Ordensjahr. Das war zu diesem Zeitpunkt noch Schwester Maria Stadler, die ihre Rolle auch schon als „eine Art Partnervermittlung“ zwischen den Interessenten und den Ordensgemeinschaften beschrieben hatte. An Hand eines ganzen Fragenkatalogs wie „Soll es eine große oder eine kleine Gemeinschaft sein?“, „Apostolisch oder kontemplativ?“, „Evangelisch oder darf es auch eine katholische Gemeinschaft sein?“, „Welcher Ort oder welche Entfernung vom Heimatort soll es sein oder darf es auf gar keinen Fall sein?“ und vieles mehr. Am Ende der vielen Fragen meinte sie schließlich zu mir „Fangen Sie doch mal in Koblenz bei den Arenberger Dominikanerinnen an. Ich glaube, dort könnte es passen.“ Da ich bisher zwar von Benediktinerinnen, Zisterzienserinnen und Franziskanerinnen gehört hatte, mir diese Gemeinschaft aber gar nichts sagte und mein Wissen über den Dominikanerorden allgemein bis auf wenig schmeichelhafte Beiträge zur Inquisition auch nicht viel hergab, googelte ich mich erstmal etwas schlauer und stimmte dann zu.

Es folgte eine etwas zähe Kommunikation per Mail (sorry Ursula, aber wer dir Mails schreibt, der sollte vorsichtshalber etwas mehr Zeit mitbringen) und eine durch viele volle Kalender ebenfalls nicht ganz einfache Terminfindung für ein Kennenlernwochenende auf dem Arenberg Ende April. An diesem Wochenende lernte ich dann das Kloster und die Schwestern zum ersten Mal kennen. Ich war bei den Gebetszeiten und dem gemeinsamen Essen dabei, half ein bisschen im Refektorium mit und tauchte so etwas überfordert und gleichzeitig fasziniert schon mal ein bisschen in die Klosterwelt ein. Ich war dabei sehr überrascht, mit wieviel Vertrauen ich gleich bei der Ankunft neben dem Zimmerschlüssel auch einen Klausurschlüssel (und einen Schlüssel für das Schwimmbad – mega schön, denn ich liebe es schwimmen zu gehen) bekam und dass mir selbst bei der Aussage, dass ich in den drei Monaten auch mal gern am Sonntag einen evangelischen Gottesdienst besuchen würde, lächelnd versichert wurde „auch die evangelische Grundversorgung sei hier sichergestellt“ (zur nächsten evangelische Kirche läuft man 15 bis 20 Minuten zu Fuß). Da ich bisher kaum mit Klöstern und Ordensgemeinschaften zu tun hatte, hatte ich zwar auch viele Vorurteile gespart, aber so viel Vertrauen und Offenheit überraschte mich dann doch. Und natürlich habe ich mich riesig darüber gefreut.

Danach wurde es dann allerdings deutlich bürokratischer, denn die zwischen Ordensgemeinschaft und Teilnehmer getroffenen Vereinbarungen werden in einem Vertrag, den beide Seite jederzeit beenden können, festgehalten. Bis die Vertragsentwürfe für die verschiedenen Konstellationen da waren, wir eine halbwegs passende Variante ausgesucht hatten, diese Vorlage dann durch die Gemeinschaft befüllt war und ich schließlich noch die letzten offenen Punkte auf mich als Beamtin angepasst hatte, war es Ende Juni 2023 geworden. Und dann kam das große Finale – der Antrag auf eine Nebentätigkeitsgenehmigung in der Behörde. Denn auch, wenn wie in meinem Fall, eine Mitarbeit ohne Vergütung, sondern lediglich für Kost und Logie, erfolgt, stellt dies eine durch den Dienstherrn zu genehmigende Nebentätigkeit dar. Nicht nur für Ausstehende klingt das schon etwas skurril. Aber auch wenn die Mitarbeit in einem Kloster für den zuständigen Kollegen sicher zu den ungewöhnlicheren Vorgängen gehörte, so war nach ein paar Rückfragen Ende Juli die Genehmigung da und der Papierkram endlich geschafft. Fazit: Sieben Monate Vorlaufzeit für drei Monate Klosteraufenthalt. Hier sollte man wirklich eher früher als später mit den Vorbereitungen starten. Aber alles war rechtzeitig fertig und so konnte ich am ersten September mit meinem freiwilligen Ordensjahr starten.


#3 Aaaaaaahhh … Katholiken

Ich weiß nicht, wer sich außer mir noch an die Folge aus der Serie „Die Simpsons“ erinnert, in der Homer seine Tochter Maggie vor der Tür eines Nonnenklosters absetzt. Als sich die Klostertür öffnet und eine der Nonnen heraustritt, ruft Homer nur noch „Aaaaaaahhh … Katholiken“ und rennt schreiend davon. Witziger Weise haben wir uns u.a. diese Folge gemeinsam im Kloster bei einem Simpson-Abend angesehen (ja, auch manche Ordensschwestern gucken gerne die Simpsons), doch das ist eine andere Geschichte. Aber es gab schon ein paar wenige Momente, in denen ich Homers Reaktion ein gaaaanz kleines bisschen verstehen konnte.

Da ich als evangelische Christin durch das Kennenlernwochenende ja schon ein bisschen wusste, was da im Kloster auf mich zu kommt, habe ich im Sommer schon mal die Gelegenheit genutzt, mich über „das Katholische“ schlau zu machen. Und während ich etwas über die stille Anbetung, den Rosenkranz und den Ablauf einer Messe las, stellte ich mir wahrscheinlich zum ersten Mal in meinem Leben die Frage, was mich eigentlich evangelisch macht. Der Stempel der evangelischen Kirche auf meiner Taufkunde? Oder dass ich mich in einem Gottesdienst nicht bekreuzige? Das wären ziemliche traurig Antworten auf diese Frage. Aber je mehr ich über die katholische Konfession las und auch je mehr ich praktisch in den kommenden Monaten im Kloster erlebten sollte, desto mehr wurde mir klar, was mir an meinem Glauben und auch an meiner Kirche wichtig ist. Denn auch, wenn ich keine Pfarrerin werden möchte, so ist es mir doch sehr wichtig, dass Frauen diesen Beruf gleichberechtigt ausüben können. Mir ist im Gottesdienst eine gute Predigt wichtig. Und nicht zuletzt ist es mir wichtig, mir an Stelle von Dogmen selbst die Frage zu stellen, was ich glaube und glauben kann, so anstrengend das manchmal auch sein mag. Es ist schon interessant, dass es erst eine Zeit in einem katholischen Kloster braucht, damit ich mir Fragen zu meiner evangelischen Identität stelle, aber manchmal führen eben auch verschlungene Wege ans Ziel.

Die Schwestern auf dem Arenberg gingen übrigens sehr entspannt mit der ganzen Sache um. Ich bekam immer wieder den Satz zu hören, „Mach einfach mit, was für dich okay ist“. Das setzt allerdings voraus, dass man selber weiß, was für einen selbst in Ordnung ist. Kurzum: je besser man sich selber kennt, desto einfacher kommt man meines Erachtens auch in einem neuen und fremden Umfeld klar. Sehr dankbar um meine Recherche im Voraus, stellte ich dann schnell für mich fest, dass das Bekreuzigen für mich komplett klar geht oder dass eine Verneigung vor dem Altar für mich in kurzer Zeit selbstverständlich wurde. Innerhalb der ersten Woche, in der ich mir erstmal vorgenommen hatte, alles einmal auszuprobieren, fand ich aber auch schnell meine eigenen Grenzen. Der Rosenkranz ist einfach nicht mein Format und das Ausmaß an Marien- und Heiligenverehrung in einem katholischen Kloster übersteigt das für mich praktizierbare Level bei weitem. Auch den Einsatz von Weihrauch würde ich nicht ernsthaft vermissen. Aber trotzdem bin ich sehr froh darum, nicht wie Homer Simpson schreiend davongelaufen zu sein. Ich habe mich noch nie so evangelisch gefühlt wie in der Zeit im Kloster und diese Erkenntnis, in der eigenen Konfession zu Hause zu sein, ist doch ein wunderbares Fazit.


#4 Mitleben

Die Homepage des freiwilligen Ordensjahres beschreibt diese Zeit als ein mitleben, mitbeten, mitarbeiten und mitlernen in einer Ordensgemeinschaft. Was dieses Mitleben in einer Gemeinschaft allerdings in der Praxis bedeutet, konnte ich mir vor meiner Ankunft nicht so richtig vorstellen. Als ich am ersten September im Kloster ankam, wurde ich direkt im Noviziat, dem Wohnbereich der Ordensschwestern in Ausbildung, einquartiert. Was sich im Laufe der Zeit als gute Unterkunft mit WLAN, eigener Dusche und sehr netten Nachbarn (Danke, Gloria und Waltrudis!) erweisen sollte, war in den ersten Tagen durchaus auch ein Problem. Denn neben zwei großen Fenstern in Richtung Süden in einem echt warmen September, hatte ein

Schwarm Wespen den Dachvorsprung unter meinen Fenstern als Bauplatz für ihr Nest auserkoren. Kaum war eines der Fenster auf, hatte ich gleich mehrere Wespen im Zimmer. Zu Hause wäre ich einfach in die nächste Drogerie gegangen und hätte in maximal einer halben Stunde ein Fliegengitter gekauft und vor den Fenstern installiert. Hier zog sich der Prozess „zuständige Schwester informieren – Fliegengitter online bestellen – Lieferung – leider falsche Größe bestellt, die kleiner als das Fenster war – Retour – neues Fliegengitter bestellen – Lieferung – bis zur Ankunft bei mir“ über fast zwei Wochen, in denen ich die Wahl zwischen wespenfreier Hitze oder dem Lüften mit Wespenbesuch hatte. Mitleben in einer Gemeinschaft ist manchmal auch herausfordernd.

Allerdings überwogen die guten Seiten des Gemeinschaftslebens doch sehr schnell. Ich fand es super nachmittags gemeinsam schwimmen zu gehen, im wahrsten Sinne des Wortes über Gott und die Welt zu diskutieren und gemeinsam zu lachen. Das gemeinsame Essen im Schweigen, bei dem es entweder Musik oder eine Tischlesung gab, war zu Beginn zwar etwas ungewohnt, es wurde aber schnell zur willkommenen Normalität. Und das das Leben in Gemeinschaft auch bedeutet, dass man seine Bierflaschen im Gemüsefach des Kühlschrankes mit seinem Namen beschriften muss und es selbst dann noch unklar ist, ob man sie jemals wiedersieht, kannte ich noch aus meinen Zeiten im Studentenwohnheim. Ich erinnere mich gern an einen Theaterbesuch in Koblenz, das gemeinsame Pommes-Essen, einen Bowlingabend und einen Konventsausflug mit dem Schiff auf dem Rhein.

Eines Abends unterhielten wir uns beim Abendessen am Noviziatstisch darüber, wann man in der Gemeinschaft angekommen ist und die Aussage einer Schwester dazu fand ich sehr treffend. Sie sagte „Du bist hier angekommen, wenn sich die Schwestern mit dir streiten. Nur zu Gästen ist man immer lieb!“. Nach diesem Maßstab haben die drei Monate auf jeden Fall gereicht um in der Gemeinschaft anzukommen und wirklich mitzuleben, denn auch wenn es wenig Streitereien und Konflikte gab, so lief es auch nicht immer mit allen Schwestern komplett harmonisch ab.


#5 Mitarbeiten

Wie bereits gesagt, das freiwillige Ordensjahr ist kein Klosterurlaub mit Rund-um-Versorgung. Es war von Beginn an klar, dass ich im Kloster mithelfe. Im Kennenlerngespräch ging es dann u.a. auch darum, welche Arbeit ich mir vorstellen könnte. Da ich Gartenarbeit hasse – ja hasse – ich habe als Jugendliche für meinen Geschmack einfach zu viel Zeit im elterlichen Garten

mit Unkraut zupfen, Rasenmähen und anderen, nach 14 Tagen komplett verpufften Aktivitäten zugebracht. So entschied ich mich für die Mitarbeit in Refektorium (dem Speisesaal der Schwestern) und falls benötigt in Küche und Gästebereich. Ich hatte als Schülerin in den Ferien immer mal wieder im Hotel gejobbt und hätte nie gedacht, dass mich diese Arbeit aus Putzen, das Frühstücksbuffet mitvorbereiten, Putzen, Meldezettel abheften und ja … Putzen mal auf einen Aufenthalt im Kloster vorbereitet.

So ergab sich in den 3 Monaten ein bunter Mix an Aufgaben, der vom Fegen und Wischen von Refektorium und Fluren (und so ein Kloster hat einiges an Fluren zu bieten), über das Putzen von Gästezimmern im Mutterhaus bis zum Kekse backen für das Klostercafe reichte. Ein paar Tage half ich in der Küche beim Salat waschen und Gemüse schneiden mit, ein paar Tage stapelte ich dreckiges Geschirr in die Spülstraße ein und phasenweise kümmerte ich mich darum, dass Mittagessen aus der Küche abzuholen, den Müll raus zu bringen und Kaffee zu kochen. Mit dem Frühdienst am Freitag und dem Kaffeekochen am Nachmittag habe ich in meiner Klosterzeit locker 100 Kannen Kaffee gekocht. Falls das mal reicht …

Vertraglich hatten wir 30 Stunden Mitarbeit pro Woche vereinbart und hin und wieder kam ich auch in die Nähe dieser Zahl. In den meisten Wochen habe ich jedoch weniger gearbeitet. Es war arbeitstechnisch daher, verglichen mit meinem „normalen Leben“ eine sehr entspannte Zeit.

Und falls sich beim Lesen dieser Beiträge jemand fragt, warum sie alle im Rückblick auf mein freiwilliges Ordensjahr geschrieben sind, so hat die Antwort auch mit dem Thema Arbeit zu tun. In meiner beruflichen Tätigkeit sitze ich quasi Vollzeit am Rechner. Daher habe ich meine Klosterzeit auch als Zeit ohne Laptop und mit weniger Smartphone angelegt. Zumindest etwas digital detox sollte es schon sein. Und daher mussten diese Beiträge eben bis nach den drei Monaten Ordensjahr warten.


#6 Mitbeten

Mein Bruder fragte mich zu Beginn meiner Klosterzeit einmal, wie denn so ein typischer Klostertag mit den ganzen Gebeten aussehen würde. Und ich antwortete ihm „das ist fast jeden Tag verschieden“. Das führte bei ihm zu einigem erstaunen, denn wie vermutlich viele andere Menschen auch, dachte er, der Tagesrhythmus in einem Kloster sei jeden Tag gleich. Aber während es am Montag, Mittwoch, Freitag und Samstag eine Frühmesse um 7 Uhr gibt, ist die Messe am Dienstag und Donnerstag abends. Die Laudes, das gemeinsame Morgengebet,

beginnt daher an Tagen mit einer Frühmesse um 6:30 Uhr und sonst um 7 Uhr. Außer dienstags, da ist ausschlafen angesagt. An Tagen mit einer Abendmesse, an die sich dann direkt das Abendessen anschließt, gibt es danach die Vesper als letztes gemeinsames Gebet am Abend. An den anderen Tagen findet erst die Vesper, dann das Abendessen und abschließend die Komplet statt. Vier Mal in der Woche gibt es ein gemeinsames Rosenkranzgebet, drei Mal pro Woche eine Stunde stille Anbetung. Und um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es im Noviziat eine gemeinsame Meditation am Morgen vor der Laudes, an der ich gerne teilgenommen habe, aber nur von Montag bis Freitag. Und an Feiertagen gilt im Kloster in der Regel die Sonntagsordnung. Alles klar soweit?

Aber alles halb so schlimm, denn zum Glück hängt im Flur neben dem Refektorium eine große Tafel, an der jeden Tag das Tagesprogramm und hilfreicher Weise auch der Wochenplan aushängt. Die anfängliche Verwirrung wurde so Woche für Woche weniger und irgendwann wusste ich auch ohne Tafel, wo wann welches Gebet stattfindet.

Bevor ich am ersten September mit meinem freiwilligen Ordensjahr begonnen habe, hatte ich schon leise Zweifel, wie ich auf diesen Umfang von mindestens zwei Stunden, an manchen Tagen sind es auch drei und mehr Stunden gemeinsame Gebetszeit reagiere. Überforderung? Aggression? Langeweile? … Dem evangelischen Gemeindeleben sind schon tägliche Gottesdienste, wie es sie oft in katholischen Gemeinden gibt, komplett fremd. Erstaunlicher Weise hat der Wechsel von gemeinsamer Meditation, Chorgebet und stiller Anbetung über den Tag für mich aber sehr gut funktioniert. Lediglich mit den katholischen Messen hat ich zwischenzeitlich zu kämpfen, aber nach einigen Wochen hatte sich das glücklicher Weise auch wieder gelegt. Der Rosenkranz, der mit seinen permanenten Wiederholungen auf die meisten Menschen beruhigend wirkt, ist allerdings nicht mein Format. Mich machen schon weniger als 50 Ave Marias unruhig und innerlich aggressiv. Da aber selbst die Schwestern frei entscheiden können, ob sie an den gemeinsamen Rosenkranzgebeten teilnehmen möchten oder nicht, war ich nicht die Einzige, die erst zur Vesper im Schwesterchor erschien.

Nach den drei Monaten mit soviel gemeinsamen Gebeten stellt sich jetzt für mich die Frage, was ich aus dieser Zeit gebetstechnisch mitnehme. Zum einen hat das Chorgebet, wie es auf dem Arenberg praktiziert wird, jetzt einen weiteren Fan. Wenn ich in Zukunft dort bin, werde ich dort auf jeden Fall dabei sein. Zum anderen hat die Meditation einen festen Platz in meinem Alltag gefunden. Ich genieße es, den Tag mit mindestens einer halben Stunde Gebet und Meditation ausklingen zu lassen. Und ich finde es sehr schön am Sonntag wieder den evangelischen Gottesdienst mit den für mich liebgewonnenen Liedern, dem gewohnten Ablauf und auch den bekannten Gesichtern zu besuchen. Vielleicht kriegt, mit etwas mehr Abstand zu meiner Klosterzeit, sogar der Rosenkranz noch einmal eine zweite Chance, dann allerdings in anderer Form. Ich habe gelesen, dass es auch einen Christusrosenkranz gibt, der in den 1960iger Jahren von der protestantischen Michaelsbruderschaft entwickelt wurde. Der kommt ganz ohne Ave Maria aus. Mal sehen …


#7 Mitlernen

Das Eintauchen in eine fremde Welt ist immer eine gute Gelegenheit um etwas Neues zu lernen. Und das hat auch auf dem Arenberg wunderbar funktioniert. Mal haben wir, wie bei der Noviziatsexkursion nach Schönstatt, gemeinsam Neues erfahren, mal von einander gelernt und so gegenseitig unser Wissen z.B. zum Reformationstag und zu Allerheiligen erweitert. Und auch, wenn das Lernen oft gar nicht im Vordergrund stand, so geschah es fast automatisch nebenbei. Wir haben am Freitagabend gemeinsam das Evangelium des kommenden Sonntags gelesen und diskutiert und so viel über die Sichtweise des Gegenübers gelernt. Am Samstagabend wurde bei Tee oder Wein in der Rekreation ein bisschen über Gott und viel über die Welt gesprochen. Bei den Mahlzeiten sorgte die Tischlesung morgens und mittags für einen Wissenszuwachs und hin und wieder sahen wir uns am Sonntagnachmittag gemeinsam einen Film an. Außerdem ließen mir die meist freien Nachmittag genug Zeit um zu lesen und so z.B. etwas über die Ordensgeschichte oder die Texte von Meister Eckhardt zu erfahren.

Zudem ist es bei den Schwestern üblich, dass am Sonntagabend über Veranstaltungen oder Reisen berichtet wird, an denen einzelne Schwestern teilgenommen haben. So erfuhr ich einiges über die Missionsarbeit in Bolivien, spazierte in Gedanken mit zwei Schwestern über den Jakobsweg und lernte etwas über den dominikanischen Noviziatsaustausch in Rom. Diese sonntäglichen Erfahrungsberichte sind meines Erachtens ein schönes Format, da so das Wissen und die Erfahrungen einer Einzelnen den Weg in die Gemeinschaft finden.

Und auch das gemeinsame FOJ-Wochenende in Trier, bei dem ich zum ersten Mal die anderen Teilnehmer des freiwilligen Ordensjahres kennenlernen durfte, war eine Zeit des Lernens. Zum einen über das Benediktinerkloster St. Matthias und die Regel des heiligen Benedikts, zum anderen aber auch über die Erfahrungen der anderen Teilnehmer und die Gemeinschaften, in denen diese mitlebten. Und natürlich habe ich auch den Schwestern auf dem Arenberg am Sonntagabend davon berichtet.


#8 Mitfeiern

Die Homepage des freiwilligen Ordensjahres beschreibt diese Zeit als ein mitleben, mitbeten, mitarbeiten und mitlernen in einer Ordensgemeinschaft. Aus irgendeinem Grund wurde dabei allerdings das „Mitfeiern“ vergessen. Vielleicht wird in anderen Klöstern weniger gefeiert als auf dem Arenberg, vielleicht ist das aber auch der Insider-Tipp am freiwilligen Ordensjahr. Aber auf jeden Fall verdient auch das Feiern hier seinen Platz. Schließlich wusste schon Demokrit im antiken Griechenland „Ein Leben ohne Feste ist wie eine lange Wanderung ohne Einkehr.“.

In mein Vierteljahr auf dem Arenberg fielen ganz unterschiedliche Feste, die alle auf ihre Weise sehr schön waren. Los ging es für mich am Ende meiner ersten Klosterwoche mit dem Fest „Maria Geburt“, an dem die Professerneuerung von Sr. M. Kathrin gefeiert wurde. Eine der Schwestern erklärte mir lachend, dass feiern im Kloster vor allem viel schlafen, viel beten, viel essen und ganz viel erzählen bedeutet. Ich muss rückblickend sagen, dass sie die Sache sehr treffend zusammengefasst hat. Da das erste gemeinsame Gebet erst um 7 Uhr stattfand, konnten alle länger schlafen. Dann folgte ein Wechsel aus Beten (Laudes, Hochamt mit Professerneuerung, Sext, Vesper und Komplet) und Essen (Frühstück, Umtrunk nach der Professerneuerung, Mittagessen mit weißen Tischdecken, Wein und mehreren Gängen, Festkaffee mit Waffeln und Abendessen). Und während an normalen Tagen an zwei der drei Mahlzeiten geschwiegen wird, wurde an diesem Tag fast durchgängig erzählt.

Auf diesen vielversprechenden Start folgten verschiedene Namenstage und Geburtstage, das „Oktoberfest“ mit Schwestern und Mitarbeitern in Lahnstein und verschiedene katholische Feste wie St. Martin oder Allerheiligen. Mal war es „nur“ ein Festfrühstück, mal ein ganzer Festtag, immer war es ein schönes Erlebnis. Und egal, ob eine der Schwestern Schokolade spendierte oder im Refektorium eine Runde Schnaps ausgab, auch ich war immer willkommen. Und so habe ich zum Dank auch eine Runde anlässlich meines Abschieds ausgegeben. Da meine letzte Mahlzeit vor der Abreise allerdings das Frühstück war, habe ich mich gegen den Schnaps und für die Schokolade entschieden.


#9 neugierige Freunde und Kollegen

Nachdem der Urlaub und der Zeitausgleich für die Überstunden bei meiner Chefin eingereicht und von ihr genehmigt worden war – es ist schon ein tolles Gefühl, wenn das Zeiterfassungssystem 63 freie Werktage anzeigt  – musste ich mich um die sukzessive Übergabe meiner Aufgaben an die lieben Kollegen kümmern. Und natürlich fielen jetzt auch zunehmend Planungen im Freundeskreis in „meine Klosterzeit“. Ich stand damit vor der Frage, was ich von meinen Plänen erzählen wollte. Die Tatsache, dass ich mir nicht sicher war, wie es im Kloster läuft und ob ich dort wirklich drei Monate durchhalte, und auch der Ruf der katholischen Kirche machten die Sache nicht gerade besser. Aber natürlich kam aus meinem Umfeld sehr schnell die Frage „Was machst du denn in deinem Sabbatical?“.

Ich entschied mich, von meinen Plänen zu erzählen und war von dem Interesse, den positiven Rückmeldungen und den vielen Fragen wirklich überrascht. Am aller meisten verblüffte mich allerdings, dass die Kollegin, die am aller wenigsten mit Religion und Kirche zu tun hat, die Klosterzeit am besten zusammenfasste. Während viele andere über „drei Monate im Schweigen“ (Nein!), ein buddhistisches Kloster (freiwilliges in ein katholisches Kloster zu gehen kam gleich mehreren Freunden überhaupt nicht in den Sinn) oder eine „Klosterauszeit ohne Handy und Internet“ (auch Nein!) nachdachten, sagte sie ganz lakonisch „Naja, 3 Monate nur beten und arbeiten – für mich wäre das nix“. Es kamen aber auch ganz andere Fragen wie „Ist so eine Klosterauszeit nicht sehr teuer?“ (Nein, ist sie nicht. Ich habe für Kost und Logie im Kloster mitgearbeitet, bezahlt habe ich nichts) oder „Bei wie vielen Gebeten am Tag musst du denn dabei sein?“ (Diese Frage kann ich bis heute nicht richtig beantworten. Ich habe in der ersten Woche alles mitgemacht und danach das gemeinsame Rosenkranzgebet für mich für beendet erklärt. Beim Chorgebet und der Messe war ich fast immer mit dabei. Ich weiß nicht, was ich an Gebeten hätte schwänzen müssen, damit die Gemeinschaft sich irgendwann fragt, was ich da eigentlich will).

Der schönste Nebeneffekt der Ankündigung meiner Klosterauszeit war allerdings, dass wir uns in ganz verschiedenen Konstellationen meist zum ersten Mal über Glaube, Religion und Kirche, aber auch über Belastungen bei der Arbeit unterhalten haben. Ich wünsche mir, dass das in Zukunft auch ohne eine Klosterauszeit weiter funktioniert.


#10 Abschied

Schließlich war es soweit - es kam der erste Dezember und mein freiwilliges Ordensjahr war zu Ende. Der Koffer war gepackt und ein Zug für die Rückfahrt ausgesucht. Und obwohl ich

„nur“ drei Monate im Kloster mitgelebt hatte, fiel mir der Abschied schwer. Nicht, weil ich unbedingt länger bleiben wollte. Ich freute mich auf die Rückkehr in „meine Welt“, darauf, wieder mehr eigene Entscheidungen zu treffen, Freunde und Kollegen wieder zu sehen, meine richtige Arbeit zu machen und endlich wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen. Aber ich hatte drei Monate lang tolle Menschen kennengelernt und mit ihnen ihren durchaus intensiven Alltag geteilt.

Ich wollte nach dem Frühstück aufbrechen und war ganz überrascht, als mein Abschied wie der Namenstag einer Ordensschwester mit Kerze und weißer Tischdecke als Ehrenplatz neben der Generalpriorin „gefeiert“ wurde. Auch die vielen kleinen Abschiedsgeschenke von Süßigkeiten über einen „Wackeljesus“, Origamipapier und tolle Briefe und Karten bis zu einem kleinen Nagelkreuz fand ich sehr, sehr lieb. Na gut, die „Wackeljesus“-Figur ist total kitschig und ein realistischer Kandidat für das nächste Schrottwichteln, aber alles andere war wirklich toll. Und als ich mich dann nacheinander von den Schwestern verabschiedet habe, kamen schließlich auch mir die Tränen.

Aber das Schöne an einem solchen Abschied ist ja, dass man einmal wiederkommen kann. Und so steht schon jetzt im Klosterkalender und in meinem eigenen, dass ich zu Karneval im Kloster zu Besuch komme. Und auf die Frage, ob ich mich auch auf einer Karnevalsparty im Kloster als Hexe (mein Lieblingskostüm!) verkleiden dürfe, bekam ich lächelnd als Antwort „Du bist uns sogar in einem Martin Luther Kostüm willkommen“. Ob diese Entspannung auch dann anhält, wenn ich 95 Thesen an der Klostertür befestige, weiß ich allerdings nicht. Vielleicht wäre es einen Versuch wert.


#11 Fazit

Ich weiß nicht, ob einen halben Monat nach dem freiwilligen Ordensjahr schon der richtige Zeitpunkt für ein Fazit ist, denn was ich wirklich für meinen Alltag mitnehmen kann, werde ich wahrscheinlich erst in den nächsten Wochen und Monaten so richtig sehen. Aber rückblickend auf meine Klosterzeit kann ich auf jeden Fall sagen, dass sie gut war. Und das gleich in vielerlei Hinsicht. Sie war zum einen ein Eintauchen in eine andere Welt, die mir ganz neue Einblicke in das Klosterleben mit seinem Alltag, seinen Prioritäten und seinem Blick auf Gott und die Welt bot. Sie war aber auch Abstand zu meiner Arbeit und meinem Alltag mit seinen Verpflichtungen und ja, auch seinen Annehmlichkeiten. Und sie war zwangsweise auch eine Zeit mit viel weniger Kontakt zu Familie und Freunden. Diese Zeit hat mir gezeigt, was mir wichtig und wie schön Vieles mein Leben gerade alles so beinhaltet. Auch wenn die große Erleuchtung leider ausgeblieben ist, so war in dieser Zeit glücklicher Weise auch nichts von inneren Dämonen, Zweifeln an der eigenen Zukunft oder dem Wunsch nach fundamentalen Veränderungen im Leben zu sehen. Für mich war es eine ruhige Zeit um neue Kraft zu tanken und viele neue Impulse zu sammeln.

Ich bin in den letzten Wochen ein paar Mal gefragt worden, ob ich ein freiwilliges Ordensjahr oder eine mehrmonatige Auszeit in einem Kloster empfehlen könne. Ja, ich kann sie empfehlen, aber nicht ohne Einschränkungen. Wer sich Ruhe und Entspannung von dieser Zeit erhofft, der wird sich mit diesem stark strukturierten Tagesablauf, der das erste gemeinsame Gebet spätestens um 7 Uhr morgens vorsieht, wahrscheinlich schwertun. Wer Einsamkeit sucht oder endlich mal Zeit haben möchte um sich ganz seinen eigenen Bedürfnissen zu widmen, der ist in einer so stark von Gemeinschaft mit all ihren Unternehmungen, Konflikten und Routinen dominierten Umgebung wahrscheinlich auch nicht glücklich. Und nicht zuletzt wer mit Glauben und Gebet nichts anfangen kann, für den ist ein Kloster sicher auch keine einfache Welt. Aber wer bereit ist, sich auf diese Welt einzulassen, der kann meiner Meinung nach in einem freiwilligen Ordensjahr viele gute Erfahrungen machen und tolle Menschen kennenlernen. Vielen Dank an die Schwestern auf dem Arenberg und AUF WIEDERSEHEN.

Vor vier Jahren in Deutschlandfunkkultur: Ordensschwester über das „Freiwillige Ordensjahr“

Seit Juli 2019 gibt es in deutschen Klöstern das Freiwilliges Ordensjahr, analog zum freiwilligen sozialen Jahr. Im oberfränkischen Franziskanerinnenkloster Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein machte damals die erste Freiwillige ihr Ordensjahr.

Da in Vierzehnheiligen gerade eine neue Teilnehmerin gestartet hat, möchten wir diesen Beitrag von 2019 teilen, in dem Schwester Dorothea Köhler erzählt, was das Ordensjahr von seinen Anfängen an ausmacht. Ein Beitrag, der immer noch aktuell ist.

Link zum Beitrag: https://shorturl.at/ghHJT

14.-16.07.2023: Sr. Joanna Jimin Lee aus dem FOJ-Wochenende

"Was kann an einem Wochenende passieren, wenn Ordensjahr-Teilnehmende zusammen kommen? 

14. bis 16. Juli 2023 war die FOJ-Fortbildung im Kloster Oberzell bei Würzburg. Teilnehmende, die sich noch nie gekannt hatten, kamen auf Anhieb in Austausch: Warum wolltest du das machen? Wie läuft was in eurem Kloster? Wohin geht es danach weiter? Drei Personen unter 20 Jahren, zwei in den 30-ern, 40/50/60-er Jahre je einmal vertreten, ergab sich eine bunte Mischung von Erfahrungen und doch eine verbindende Sehnsucht: ein Leben in Fülle, das Jesus Christus verspricht. 

Nach der Führung durch das wunderschöne Kloster der Oberzeller Franziskanerinnen am Freitag Abend war ein Ordensquiz von Abt bis Zelle angesagt. Der Samstag stand diesmal unter dem Motto "Entscheiden": Durch den ganztägigen Entscheidungsworkshop nach Ignatius von Loyola konnten die Teilnehmenden anhand ihrer Themen reflektieren, ausprobieren und "schmecken", wie sie zu einer guten "Wahl" kommen können, die ihrer Sehnsucht entspricht. Die Sonntagsfeier mit den Schwestern vor Ort mündete in eine beeindruckende Statementsrunde der Danksagung von den drei Teilnehmenden, denen ihr FOJ-Abschluss naht. Das, was sie suchten, fanden sie und noch mehr...

Die FOJ-Fortbildung wird dreimal im Jahr angeboten für aktuelle und zeitnahe FOJ*innen. Das nächste FOJ-Wochenende im November wird in einem Benediktinerkloster sein."

 

10.08.2022: Johanna Hauf (26) im Kloster Engelthal

Johanna Hauff ist 26 Jahre alt, evangelisch getauft und gelernte Ergotherapeutin. Nach einigen Umbrüchen in ihrem Leben, entschied sie sich, für ein halbes Jahr in ein Kloster zu gehen, mir den Schwestern zu leben und zu arbeiten und sich ganz neu zu überlegen: "Wo will ich eigentlich hin?" Über das Freiwillige Ordensjahr kam sie schließlich in die Benediktinerinnen-Abtei Kloster Engelthal in der Wetterau - ein Kloster, dessen Geschichte bis ins 13. Jahrhundert zurückreicht. In zwei Audioreportagen berichtet sie über ihre Erfahrungen:

Mitbeten, mitarbeiten, mitlernen – das Freiwillige Ordensjahr (Länderreport)
(deutschlandfunkkultur.de)
 
Ora et labora - eine junge evangelische Christin im Freiwilligen Ordensjahr
(deutschlandradio.de)

08.06.2022: 37° Leben - "Leben für Gott. Was junge Leute ins Kloster zieht"

In der neuen Folge aus der Reportage-Reihe 37° Leben von zdf.de mit dem Titel „Leben für Gott. Was junge Leute ins Kloster zieht“ geht es um zwei junge Menschen, die sich selbst im Glauben gefunden haben. Sie werden gefragt, was sie in das Lebenskonzept einer Ordensgemeinschaft zieht. Wie ist es für sie, einem streng geregelten Tagesablauf zu folgen und nicht nach Lust und Laune ins Kino zu gehen oder spontan Freunde zu treffen? Wie ist der Alltag mit den Schwestern und Brüdern, die größtenteils doppelt so alt sind wie sie? Sehnen sie sich nicht nach einer Partnerschaft? Diesen und weiteren Fragen stellen sich Vanessa Jüstel (35) und Moritz Huber (26).

Nach einer Lebenskrise, die zu einer Depressionen geführt hat, hinterfragt Vanessa ihr Leben. Sie spürt, welche Anziehung Gott auf sie hat und macht ein Freiwilliges Ordensjahr bei den Zisterzienserinnen, um der Frage ihrer Berufung nachzugehen. Moritz dagegen ist sich schon sicher: "Ich werde Ordensbruder." Bei einer Pilgerreise trifft der gelernte Brauer auf die Ordensgemeinschaft der Kapuziner. Er spürt sofort eine tiefe Verbundenheit zu den Brüdern. Ihm wird bewusst: Sein Glaube an Gott ist so stark, dass er dafür leben und den Menschen helfen möchte.

Neugierig? Hier geht es zur neuen Folge in der ZDF-Mediathek.

08.-14. November 2021: Instagram-Takeover Eva Fischer

Video: Mitleben im Kloster - das Ordensjahr (Bistum Mainz)

"Das Stundengebet, der tiefe Glaube und die Herzlichkeit der Schwestern, das tut mir gut und kann jedem Menschen gut tun." Das sagt die Journalistin Sibylle Bauer. Nach einem schweren familiären Schicksalsschlag geriet sie in eine tiefe Krise. "Da komme ich nur durch, wenn mir mein Glaube Kraft gibt," davon ist Sibylle Bauer überzeugt. Um ihren Glauben zu stärken, hat sie sich für das freiwillige Ordensjahr beworben, bei den Benediktinerinnen in der Wetterau, im Kloster Engelthal. Die Erfahrungen sind für sie und die Schwestern sehr positiv.

Es bloggte: Joseph Möller vom 24.02.2021 bis 31.03.2021

31.03.2021

Die Schätze der Vergangenheit

Joseph Möller lebt seit dem 1. September 2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Die Karwoche hat begonnen. Und beim Nachdenken über das Thema für meinen letzten Blogbeitrag ist mir ein besonderer Ort der Stille eingefallen, an dem ich bereits einige Zeit verbracht habe.
Spätestens seit „Der Name der Rose“ vermutet man hinter dicken Klostermauern immer auch eine alte Klosterbibliothek, die irgendwelche besonders wertvolle, ja vielleicht sogar verschollen geglaubte Manuskripte birgt. Auch hier auf dem Frauenberg gibt es noch eine kleine Klosterbibliothek. Doch den größten Teil der Bücher musste der Konvent weggeben – meist Werke, die eine hohe Verbreitung haben und aus der Zeit des letzten Jahrhunderts vielfach aufgelegt in vielen anderen Bibliotheken verfügbar sind. Eine solche Klosterbibliothek muss eben auch von einem Bruder gepflegt werden und in einer Gemeinschaft, die langsam kleiner wird, kann man nicht an jedem Standort eine große Bibliothek unterhalten.
Trotzdem sind noch viele Bücher in der neuen, verkleinerten Bibliothek vorhanden. Vor allem Literatur von und über Franziskaner und die Region rund um Fulda. Ein positiver Aspekt der Corona-Maßnahmen war und ist es, dass ich wieder etwas mehr Zeit gefunden habe, mal ein gutes Buch zu lesen. Und so konnte ich ein bisschen in der kleinen Bibliothek herumstöbern: Es sind auch einige kleine „Schätze“ dabei – also nicht materiell gesehen. Aber auch wenn sie nach antiquarischen Maßstäben keinen besonderen Wert haben, habe ich doch einige Bücher entdeckt, die mir auf meinem bisherigen Weg bei den Franziskanern weitergeholfen haben, die einen anderen Blickwinkel eröffnet haben und von einer längst vergangenen Zeit erzählen, von der man doch noch etwas lernen kann.

25.03.2021

Begegnungen

Joseph Möller lebt seit dem 1. September 2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Wenn man sich darauf einlässt, dann kann so ein Kloster ein ziemlich lebhafter, begegnungsreicher Ort sein–zumindest, aber wahrscheinlich nicht nur bei den Franziskanern. Da ist zum einen die Begegnung der Brüder untereinander, nicht nur beim Stundengebet und den Mahlzeiten, sondern auch mal in einer gemütlichen Runde am Abend. Stimmt die Vertrauensbasis, dann kommt Vieles zur Sprache und man kann Einiges hören von den verschiedenen Lebenswegen und positiven wie negativen Erfahrungen vor aber auch während des Ordenslebens. Manches erscheint nachahmenswert, bei Anderem ist man froh, durch die Erzählung und nicht durch die eigene bittere Erfahrung lernen zu können. Immer aber lädt es dazu ein, das eigene Leben in die Hand zu nehmen und den weiteren Weg mit Gott zu wagen. Und dann sind da die Begegnungen mit Angestellten, Freunden des Klosters, Besuchern im Klostergarten und Gläubigen in der Kirche. Meist sind es nur kurze Wortwechsel, keine große Sache. Aber manchmal fragt jemand um Rat, erzählt von seinen Schwierigkeiten oder bittet einfach um die Unterstützung im Gebet. Man kommt ins Gespräch, fasst Vertrauen und kann gestärkt werden durch ein paar Worte und Gesten – das gilt hoffentlich für beide Seiten. Und ja, das geht auch mit den Corona-Schutzmaßnahmen, weil ein offenes Ohr und eine liebevolle Zuwendung auch von einer Maske nicht aufgehalten werden können.

17.03.2021

Corona – eine besondere Herausforderung

Joseph Möller lebt seit dem 01.09.2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Als ich mein Freiwilliges Ordensjahr im September 2020 begonnen hatte, waren nach einem ersten Lockdown im Frühjahr und den Lockerungen im Sommer schon einige Monate in dieser neuen Zeit mit dem Coronavirus vergangen. Und es war allgemein klar, dass ein Ende der Corona-Pandemie trotz der intensiven Forschungen an entsprechenden Impfstoffen und Medikamenten noch nicht in Sicht war. Man hatte sich einigermaßen an die neuen und ungewohnten Sicherheitsmaßnahmen im alltäglichen Leben gewöhnt: Abstand halten, allgemeine Hygienemaßnahmen, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – die sogenannten AHA-Regeln. Zu Beginn meines FOJs konnten noch Veranstaltungen mit kleineren Gruppen stattfinden. Bei kleinen Katechese-Abenden oder Treffen am Lagerfeuer unter freiem Himmel waren trotz der Sicherheitsvorkehrungen ein freundlicher Austausch und anregende Diskussionen möglich. Als dann der zweite Lockdown aufgrund der steigenden Inzidenz beschlossen wurde, mussten wir auch diese letzten Angebote einstellen. Aber wir wollten uns auch nicht einfach in unser schönes Kloster auf dem Frauenberg zurückziehen. Da kam uns die Idee für das „Franziskanische Abendgebet“. Seit Oktober laden nun wir einmal in der Woche in einer kleinen Kirche in Fulda zu einem kleinen Gottesdienst ein. Neben dem Psalmgebet und dem Evangelium gibt es die Möglichkeit der stillen eucharistischen Anbetung. Danach kann man seine Sorgen und Bitten aussprechen und eine kleine Kerze anzünden. Es ist schön zu sehen, dass dieses Angebot – mal von mehr, mal von weniger Personen – angenommen wird. Es soll eine kleine Stärkung unter der Woche sein und ein Signal, dass wir trotz der widrigen Umstände einen wichtigen Aspekt des franziskanischen Lebensmodells nicht aufgeben: kein Rückzug, sondern bei den Menschen sein. Wo und soweit es geht, Unterstützung und Trost anbieten.

09.03.2021

Arbeitszeit

Joseph Möller lebt seit dem 01.09.2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Der Ordensgründer Franziskus von Assisi legt in seiner Ordensregel Wert darauf, dass jeder Bruder einer geregelten Arbeit nachgeht. Prinzipiell ist fast jeder Beruf für einen Franziskaner denkbar. Und so findet sich auch bei uns eine Vielfalt an Berufen: Neben dem Handwerk, wie die Arbeit in der Schneiderei oder einer Gärtnerei, sind das vor allem seelsorgliche Dienste, wobei ein Schwerpunkt hier auf der Beichtseelsorge liegt. Jeder einzelne leistet nach besten Kräften seinen Beitrag zum Unterhalt der Gemeinschaft.
Vor dem Beginn des Freiwillen Ordensjahres (FOJ) habe ich mit den Brüdern gemeinsam überlegt und besprochen, welche Arbeit ich im Rahmen des FOJ übernehmen könnte. Neben den regelmäßigen Arbeiten im Haus, wie beispielsweise der im Wechsel übernommenen Vorbereitung des Frühstücks, ist meine Hauptaufgabe die Mitarbeit bei der Jugend- und Berufungspastoral. Offene Jugendabende, Katechesen am Lagerfeuer und Treffen von Ordensinteressenten waren mit den entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zu Beginn des FOJs noch möglich. Manches andere, z. B. das Treffen mit Schulklassen zum Austausch über die Franziskaner und das Klosterleben, können wir – jetzt eben digital – auch weiter anbieten. Meine Arbeit bietet viel Abwechslung und schafft auch unter Corona-Bedingungen Raum für Begegnung. Und wenn man mit Tatkraft und Freude dabei ist, fallen einem auch die schwierigen oder nicht so angenehmen Arbeiten leichter.

02.03.2021

… und rein ins Kloster.

Joseph Möller lebt seit dem 01.09.2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Das Leben im Kloster folgt einer gewissen Ordnung und Struktur. Das Klischee der mitten in der Nacht aufstehenden und zum Stundengebet eilenden Mönche trifft dabei für die Franziskaner nicht zu. Der Tag beginnt auf dem Frauenberg um 7 Uhr mit dem Morgengebet, der Laudes – im Vergleich zu manch anderen, mehr kontemplativen Orden ist das eher spät. Das Mittagsgebet, die Sext, mit Angelus beginnt um 11:50 Uhr. Am Abend versammelt man sich um 18 Uhr zur Vesper. An jede dieser Gebetszeiten schließt sich eine gemeinsame Mahlzeit an, die auch Möglichkeit zu Gesprächen und gegenseitigem Austausch bietet. Das ist wieder ein Unterschied zu kontemplativen Orden, die ihre Mahlzeit schweigend einnehmen bzw. einer fortlaufenden Lesung lauschen. Beschlossen wird der Tag mit der letzten Gebetszeit, der Komplet, um 21 Uhr. Zentral ist die tägliche Feier der Heilige Messe, je nach Wochentag morgens oder abends und mit Integration der jeweiligen Gebetszeit, also Laudes oder Vesper. Dieser vorgegebene Rhythmus will nicht als starre Vorgabe verstanden werden. Und hier ist es das auch nicht. Es ist kein Problem, wenn ein Bruder aufgrund seiner Arbeit oder anderer Verpflichtungen nicht an einem gemeinsamen Gebet teilnehmen kann; auch mir gelingt das manchmal nicht. Das Stundengebet ist vielmehr eine Hilfe bei all dem Trubel und Stress des Alltags den Blick immer wieder auf das Wesentliche zu lenken. Richtig betrachtet ist es keine Regel oder Verpflichtung, an die ich mich halten muss, sondern ein Geschenk – etwas Zeit für die Stille und neue Kraft in der Begegnung mit Gott.

24.02.2021

Raus aus dem Alltag...

Joseph Möller lebt seit dem 01.09.2020 bei den Franziskanern in Fulda. In der Fastenzeit teilt er seine dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Ich bin Joseph, 26 Jahre alt, und lebe seit einigen Monaten in der Gemeinschaft der Franziskaner auf dem Frauenberg in Fulda. Das Ordensjahr habe ich – nach einer ersten Phase des Kennenlernens während des Sommers – im September 2020 begonnen. Dabei hätte ich auch einfach weitermachen können wie bisher. Im Anschluss an mein Abitur konnte ich nach einem dreimonatigen Krankenpflegepraktikum zum Wintersemester mit dem Medizinstudium beginnen. Ich hatte damals schon lange den Wunsch gehabt, so idealistisch und einfältig das auch klingt, für andere da zu sein, ihnen zu helfen und in schwierigen Situationen beizustehen. Als Arzt würde ich das sicher am besten verwirklichen können, so dachte ich. Über andere Möglichkeiten, z. B. im kirchlichen Bereich und auch als Priester, hatte ich zwar nachgedacht, diese aber nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Als das Ende des Studiums langsam näher rückte, sah ich mich einerseits darin bestätigt, nun endlich anderen konkret helfen, Leiden lindern und ja auch Heilung ermöglichen zu können. Andererseits konnte ich in dieser Zeit mein Glaubensleben vertiefen und erleben, dass die Beziehung zu Gott wirklich das Leben verändert; nicht durch große Ereignisse oder gar Wunder, sondern langsam, in ganz kleinen Schritten. Obwohl ich mit meiner Situation zufrieden war, spürte ich eine Sehnsucht nach mehr: ein Mehr im Glauben, ein Mehr in der Hilfe am Nächsten, ein Mehr im Dienst für den Mitmenschen, ein Mehr in der Beziehung zu Gott. Deshalb plante ich nach dem Abschluss meines Studiums eine Auszeit, eine Zeit der Besinnung, des Nachspürens nach diesem Mehr – und lernte in der Gemeinschaft der Franziskaner in Fulda einen Ort kennen, an dem dies möglich war. So begann ich mein Ordensjahr mit einigen Fragen: Wie soll ich für andere da sein? Welche Möglichkeiten habe ich, ihnen meine Hilfe anzubieten? Welche Rolle spielt mein Glaube dabei? Was möchte Gott mit mir gemeinsam wirken?

Kurz: Was ist meine Berufung?

Es bloggte: Sarah Jagiela am 02.02.2021

Komm und sieh!

Bis Ende Januar lebte Sarah Jagiela bei den Franziskanerinnen von Ellwangen mit. Hier gibt sie einen Einblick in ihre Zeit bei den Anna-Schwestern.

"Du machst was?" oder "Was ist ' n das?!" waren häufige Reaktionen auf meine Entscheidung, ein halbes Jahr in einer Klostergemeinschaft zu leben.

Mein Name ist Sarah, ich bin 19 Jahre alt und im Frühsommer letzten Jahres habe ich die Schule beendet. Für mich stellte sich die Frage, wie es weiter geht. Ausbildung, Studium oder doch etwas ganz anderes? Durch eine Bekannte wurde ich auf das Freiwillige Ordensjahr aufmerksam. Da ich mich schon lange für das Leben von Ordensschwestern interessiere, gefiel mir diese Idee sehr gut. Schnell bin ich auf die Anna-Schwestern, die Franziskanerinnen von Ellwangen, gestoßen und habe den Wunsch gefasst, ein halbes Jahr mit ihnen leben zu wollen.

Nach einer Kennenlernphase durfte ich Ende Juli im Haus Klara einziehen. Dort lebe ich mit vier Schwestern zusammen. Das Haus steht auf dem Gelände des Mutterhauses. Hier finden Gottesdienste, Gebetszeiten und Mahlzeiten statt. Im ersten Monat wurden mir die Gemeinschaft und Bereiche, in denen die Schwestern wirken, näher vorgestellt. Ich durfte am Vormittag im Refektor des Mutterhauses mithelfen und nachmittags im Seniorenheim. Für mich war es von Anfang an wichtig, dass ich sowohl Zeit für mich und meinen Glauben habe, als auch mich tatkräftig einzubringen. So stand schnell fest, dass ich mich hauptsächlich im Seniorenheim engagiere (und neben dem Freiwilligen Ordensjahr ein Freiwilliges Soziales Jahr mache).

Der Tag bei den Anna-Schwestern beginnt morgens um 6:45 Uhr mit einem Gottesdienst. Am Anfang war es nicht immer einfach, so früh aufzustehen, aber nach einer Weile habe ich diese Zeit am Morgen schätzen gelernt, da ich aus ihr Kraft für den neuen Tag schöpfe. Nach dem Gottesdienst folgt das gemeinsame Frühstück im Refektor mit allen Schwestern und ab 8:15 helfe ich im Seniorenheim mit. Um 11:45 wird das Mittagsgebet gebetet und anschließend gibt es im Refektor Mittagessen. Nach dem Mittagessen helfe ich im Konvent oder kann die Zeit bis zum Abendessen für mich nutzen. Ab 16:00 Uhr gibt es die Möglichkeit, zum Rosenkranzgebet zu gehen und zur stillen Anbetung. In dieser Zeit kann man den Alltag neben sich lassen und sich auf das Beten konzentrieren. Um 17:30 wird im Haus Klara zusammen Abendbrot gegessen. Das ist ein Ort und eine Zeit, in der man sich über den Tag unterhalten kann und über anstehende Aktivitäten. Der Tag bei den Anna-Schwestern wird beendet durch eine gemeinsame Vesper in der Mutterhauskapelle.

Die Anna-Schwestern haben mir einen Einblick in eine für mich ganz neue Lebensform gegeben. Die Schwestern waren immer sehr aufgeschlossen, hilfsbereit und freundlich mir gegenüber. Sie haben mich von Anfang an mit einbezogen. So durfte ich beispielsweise den Lektorendienst übernehmen. Ich fühle mich unglaublich beschenkt und bin dankbar, so eine Erfahrung machen zu dürfen.

"Das klingt ja interessant", ist dann die Antwort auf meinen Einblick.

Es bloggte: Marie-Luice Liebenau vom 09.-26. Juni 2020

26.06.2020

Wir stehen auf ihren Schultern

Noch bis Ende des Jahres lebt Marie-Luice Liebenau bei den Franziskanerinnen in Salzkotten mit. Bis Ende Juni teilt sie ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Der Mensch lebt nicht aus sich allein und nicht für sich allein. Oft fallen wir dem Gedanken anheim, unser Leben als unser eigenes Werk zu sehen. Unseren Lebensstandard, unsere Erfolge ausschließlich uns selbst zuzuschreiben. Doch alleine aus uns selbst heraus würden wir nicht weit kommen. Wir bauen auf Erfahrungen, Leistungen und Grundlagen unzähliger Generationen. Wir stehen auf ihren Schultern und dürfen aus ihren Leben lernen.

Bewusst ist mir dies erst hier bei den Franziskanerinnen geworden. Mitten im Kloster, in dem Hauptgang zur Kirche, hängen mehrere schwarze Tafeln. Sie fassen die Namen aller verstorbenen Schwestern. An diesem zentralen Punkt wird ihrer gedacht. Sie sind die Erbauer dieser Kongregation. Sie haben die Grundsteine gelegt und darauf aufgebaut. Sie haben in vielen Bereichen für das heutige Wirken Wege geebnet. Ihr Leben und Wirken trägt Frucht in dem Wirken der heutigen Schwestern. Diese bauen weiter an der Gemeinschaft, die einst von Mutter M. Clara Pfänder gegründet wurde. Die verstorbenen Schwestern waren und sind Vorbilder, Lehrer und Wegbegleiter der heutigen Schwestern. An jede von ihnen wird hier erinnert. Auch in den Fürbitten und im abendlichen Tischgebet finden sie Erwähnung. Dadurch zeigt sich eine klare Botschaft: Das Wirken der Schwestern steht auf ihren Schultern.

23.06.2020

Eine Krankheit, die uns die Nähe raubt

Noch bis Ende des Jahres lebt Marie-Luice Liebenau bei den Franziskanerinnen in Salzkotten mit. Bis Ende Juni teilt sie ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

„Denk an mich, wenn ihr die heilige Messe feiert. Und bete für uns, dass es auch uns bald wieder möglich ist“, sagte meine Firmpatin an Ostern in einem Telefonat zu mir.

Das Fehlen des Sakraments, in welchem Gott uns zeigt, dass er uns so nah ist, wie niemand sonst, ist ein großer Verlust an Nähe, der durch die Schutzmaßnahmen in Folge von Corona entstanden ist. Denn durch das Fehlen der Eucharistie fehlt nicht nur die Nähe Gottes, sondern auch das Gefühl von Gemeinschaft. Sie schafft eine Verbindung zwischen den Gläubigen, in der Messe, weltweit und über alle Zeiten hinaus.

Für mich ist es ein großes und wunderbares Geschenk, jeden Tag die Eucharistie empfangen zu dürfen. Trotz Corona. Es ist für mich ein Ankerpunkt in dieser sich schnell wandelnden Zeit. Alles ist in Veränderung. Was heute gilt, kann morgen schon wieder komplett falsch sein.

Unter solchen Bedingungen tat es gut, jeden Tag Gottes Nähe zu empfangen, IHN zu empfangen und sich geborgen zu wissen in seiner Liebe.

Wie schwer es meinen Freunden und Bekannten fiel, wochenlang auf die Eucharistie zu verzichten, kann ich nur erahnen. Doch in Gedanken bin ich in jeder heiligen Messe bei ihnen.

“Ich weiß, dass Gott nie mehr von mir verlangen wird, als ich ertragen kann. Ich würde mir nur wünschen, er würde mir nicht gar so viel zutrauen.” (Mutter Teresa)

19.06.2020

Die eucharistische Anbetung

Das Ewige ist leise,
das laute Tand und Rausch,
Flüstern ist Gottes Weise,
drum Seele schweig und lausch! 

(Autor unbekannt)


Leise werden vor Gott, um ihn zu hören, um seine Stimme zu vernehmen. In unserer heutigen Welt stellt dies oft eine große Herausforderung dar. Es ist immer etwas los. Es gibt wenige wirklich ruhige Augenblicke in unserem Alltag. Irgendwo ist immer Musik oder das Rattern einer Maschine zu hören. Bilder und Videos wollen unsere Aufmerksamkeit. Unsere Sinne sind ständig gefordert und belagert. Doch selbst wenn alle Geräusche abgestellt sind und rein physisch Stille herrscht, so ist es noch lange nicht ruhig in uns selbst. Vieles zieht an uns. So vieles, was es zu bedenken gibt, so vieles, was wir eigentlich noch erledigen müssten, so viele Eindrücke, die verarbeitet werden wollen. Unser Verstand ist meist abgelenkt.Wirklich still zu werden, vor Gott, bedarf weitaus mehr als physische Stille. Sich ihm komplett zu öffnen. Ihm unsere Zeit zu schenken. Sich auf ihn zu konzentrieren mit unserem Verstand und all unseren Sinnen. Das führt uns zur wirklichen Stille. Diese ist keine Leere. Sie füllt uns wieder auf. Sie ist der sturmfreie Bereich, in welchem unser, von den Stürmen unseren Lebens flackerndes, Licht wieder zur Ruhe kommen kann. In welcher es wieder an Kraft gewinnen und so auch Anderen als Leuchte dienen kann. Diese Stille lässt uns die Stimme Gottes vernehmen. Denn er ist weder im Sturm, noch im Erdbeben oder im Feuer. Er ist in dem sanften, leisen Säuseln, welches wir vernehmen, wenn wir alles Laute in und um uns leise gemacht haben. Dies lässt uns ihn verstehen und seine Nähe spüren. Dann begreifen wir seine Zusage an uns: Er ist da. Immer.

16.06.2020

Der caritative Dienst

Noch bis Ende des Jahres lebt Marie-Luice Liebenau bei den Franziskanerinnen in Salzkotten mit. Bis Ende Juni teilt sie ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

An Neujahr 2020 hörte ich im Hildesheimer Dom eine Predigt über Zeit. Zeit ist unhaltbarer, je mehr wir uns an sie klammern. Je mehr Angst wir um unsere eigene Zeit haben, je mehr wir versuchen, uns unsere Zeit zu sichern, je mehr wir sie festhalten wollen, umso eher rinnt sie uns wie Sand durch die Hände. Wir laufen ihr hinterher und plötzlich bemerken wir, wie wir alt geworden sind, wie unsere Zeit vergangen ist, während wir ihr hinterher gerannt sind und sie doch nicht halten konnten.

Der einzige Weg, die Zeit zu bewahren, so sagte der Prediger damals, sei es sie zu verschenken. Zu verschenken an andere Menschen. Unsere Zeit für die Anderen hinzugeben, mit ihnen Zeit zu verbringen.

Genau dies erlebe ich in meinem Dienst im Altenheim. Meine Aufgabe ist es, mit den Bewohnern Zeit zu verbringen, ihnen zuzuhören, ihnen bei alltäglichen Dingen zur Seite zu stehen. Jeder Tag ist anders. Jeder Tag bringt neue kleine und große Aufgaben, die gelöst werden wollen. Für die Bewohner, aber vor allem auch mit ihnen.

Meine eigene Zeit scheint dadurch viel reichhaltiger. Ich arbeite nicht einfach nur. Ich verbringe den ganzen Arbeitstag mit wunderbaren Menschen und darf sie ein Stück glücklicher machen.

 

12.06.2020

Der Sprung ins (nicht ganz so) kalte Wasser

Noch bis Ende des Jahres lebt Marie-Luice Liebenau bei den Franziskanerinnen in Salzkotten mit. Bis Ende Juni teilt sie ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Mitleben in einer Gemeinschaft… das heißt nicht einfach nur dort wohnen, essen und arbeiten. Es heißt sich einfügen, sich öffnen für die Gemeinschaft, sich einbringen. Ankommen in einer Gemeinschaft geht nicht von heute auf morgen. Sich in den Tagesablauf einzufügen und zurechtzufinden, braucht Zeit. Auch wenn man grade am Anfang den Wunsch hat, am besten alles gleich kennen zu lernen und sofort mit zu wirken. Dass ich die ersten Tage meines Ordensjahres hier einfach in der Gemeinschaft ankommen durfte, ohne sofort einen Dienst zu übernehmen, hat mir sehr gut getan. All die vielen neuen Eindrücke konnte ich in Ruhe verarbeiten und mir Zeit fürs Gebet nehmen. An die tägliche Struktur aus Gebets-, Arbeits- und Essenszeiten gewöhnte ich mich recht schnell. Nach einigen Tagen begann dann mein Dienst in der Alltagsbegleitung im Altenheim. Sich all die Namen der Schwestern und Bewohner zu merken und all die Wege und Räume hier im Kloster und im Altenheim im Kopf zu behalten, war am Anfang eine wirkliche Herausforderung. Doch die Schwestern, Bewohner und Mitarbeiter halfen mir gerne auf die Sprünge. Und so war das Wasser, in welches ich mit dem freiwilligen Ordensjahr sprang, nicht ganz so kalt. 

09.06.2020

Zu meiner Person…

Noch bis Ende des Jahres lebt Marie-Luice Liebenau bei den Franziskanerinnen in Salzkotten mit. Bis Ende Juni teilt sie ihre dortigen Eindrücke und Erlebnisse auf unserem Blog.

Hätte jemand mir vor vier Jahren gesagt, dass ich einmal ein halbes Jahr in einem Kloster leben werde, hätte ich demjenigen vermutlich kein Wort geglaubt. Zu der Zeit war ich gerade am Ende meines Bachelors und hatte ganz andere Pläne für die Zukunft.

Doch die Frage nach dem Warum dieser Welt trieb mich schon damals um. Und auch in meinem Studium fand ich auf das Warum nicht so recht eine Antwort, sondern eher auf das Wie.

Bei einem Wochenende in Rom vor etwa drei Jahren beeindruckte mich sehr, was die Menschen alles für ihren Glauben taten. Ich wollte mehr darüber wissen. Mit den „Geschichten“ über Jesus kannte ich mich aus dem Religionsunterricht in der Schule schon etwas aus, doch was Glaube wirklich bedeutet, wusste ich nicht.

So begann meine Suche.

Letztes Jahr in der Osternacht wurde ich in die katholische Kirche aufgenommen, hatte meine Erstkommunion und Firmung. Vorher habe ich als Vorbereitung einen Glaubenskurs bei den Jesuiten in Göttingen besucht.

Die Begeisterung für das Ordensleben trage ich schon lange in mir. Schon während meines Glaubenskurses hatte ich beschlossen, am Programm des freiwilligen Ordensjahres in Österreich teilzunehmen um weiter im Glauben zu lernen. Als nun im vergangenen Sommer das freiwillige Ordensjahr in Deutschland startete, war es für mich wie ein Fingerzeig. So beschloss ich, den Zeitraum zwischen dem Ende meiner Ausbildung und dem Beginn eines möglichen weiterführenden Studiums hier in Deutschland im Kloster zu verbringen.

Es bloggte: Maria Gutte vom 12.-29. Mai 2020

29.05.2020

Die Zeit

Meine Zeit bei den Dominikanerinnen  von Bethanien geht zu Ende.
Die Zeit ist ein seltsames Ding. Man kann sie nutzen, verschwenden oder gar verlieren. Manchmal rinnt sie, manchmal rast sie, manchmal fliegt sie vorbei. Die Zeit kann einem gestohlen werden oder man kann sie auch geschenkt bekommen.
Vielleicht ist die Zeit auch ein Wesen, ein weibliches Wesen, DIE Zeit. Sie kann kommen und gehen, sie kann weglaufen oder stehen bleiben und sie kann heilen.
Meine Corona-Zeit  in Bethanien war ein langer ruhiger Fluss. Die Tage verliefen gleichmäßig und strukturiert. Und doch verging die Zeit schnell. Denn der Ort, der Tagesablauf, die Menschen waren für mich neu. Und alles war anders. Durch Corona. Auch für die Schwestern.
Was gerade noch Menschlichkeit ausmachte, wurde verboten. Politische Sicherheitsvorschriften ersetzten Nähe durch Distanz, Vertrauen durch Vorsicht, Offenheit durch Masken, Freiheit durch Grenzen, Gemeinschaft durch Isolation..
Ein Grund zu trauern! Ja, wir finden multimediale virtuelle Krücken. Aber wir haben viel verloren. Was alles, das wird die Zeit zeigen.
Und wie verändert sich Kirche ?
Die kleine Schicksalsgemeinschaft  im Kinderdorf Bethanien zeigte mir, wie gut eine Wohn- und Lebensgemeinschaft die Isolationszeiten auffangen kann; Wie beruhigend das Vertrauen in Gott auf die Gemeinschaft wirkt. Tiefe, dichte Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionempfang waren möglich. Ostern haben wir unterm Sternenhimmel Fladenbrot gebacken und geteilt. Beim offenem Feuer stieg das Halleluja über die Klostermauern zum Himmel.
Dagegen war ich von der Institution Kirche, den Bildern aus dem leeren Vatikan erschüttert: Der alte Papst alleine im Regen vor dem tropfenden Pestkreuz und dem Marienbild. Und er spendet der Welt mit dem Allerheiligsten einen außergewöhnlichen Urbi et Orbi-Segen.
Was will Gott uns durch diese  Bilder sagen.?
Welche Botschaft steckt für mich in diese ungewöhnlichen Zeit?
Während die Welt neuen Zwängen und Regeln unterworfen wurde, befreit sich Kirche von alten: keine Sonntagspflicht, eine Beichtdispens vor Ostern und ein Urbi et Orbi für alle Menschen guten Willens. Einfach so. Gebetsgemeinschaften mit Kommunionempfang wurden möglich, Erfahrungen von Gottes Nähe auf allen Wegen.
Pfingsten steht vor der Tür. Der Geist will eintreten. Es braucht keine großen Kirchen dafür. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Das Gebet, die Nähe zu Gott, die geistige Kommunion braucht nur eine kleine lebendige Gemeinschaft. Dann wird seine Energie überall spürbar sein. Er ist da. Und es ist unser Leben, unsere Zeit in seinen Händen.

26.05.2020

Ellie kann schwimmen

Maria Gutte lebt aktuell in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien, Schwalmtal mit. In den Wochen bis Ende Mai, die zugleich ihre letzten in der Gemeinschaft sind, teilt sie hier ihre Eindrücke und Erlebnisse.

Ellie ist 7 Jahre alt. Sie lebt im Kinderdorf. Lange war sie im Krankenhaus. Sie hat geistige und emotionale  Defizite.
Wenn Ellie aufgeregt ist, stottert sie. Normalerweise redet sie viel, aber schwer verständlich.
Ich habe Ellie schon im März kennengelernt. Wir haben Touren mit dem Kettcar über das Kinderdorfgelände gemacht, damit Ellie und ihre Familie sich beruhigen konnten.
Ellies Begrüßung war: "Ich mag dich nicht. Geh weg."
Sie suchte Gelegenheiten, mich zu kneifen, zu treten und als ich mich zu ihr runterbeugte und "Hör mal Ellie...." sagte, kratzte sie mir durchs Gesicht.
Sr. Jordana, die Kinderhausmutter, wusste eine Erklärung. Nähe verbindet Ellie durch das Krankenhaus  immer mit Schmerz. Und das testet sie immer wieder.
Ich habe meine Zeit mit Ellie mit zur Anbetung genommen und mein Erlebtes vor Gott gebracht.
Irgendwann kam Ellie auf mich zu und stellte fest: "Du bist jetzt meine Freundin."
Jetzt ging alles leichter, das Hören, das Berühren und auch das Schwimmen lernen.
Seit fast 3 Monaten begleite ich Ellie zum Schwimmenlernen. Im hauseigenen Schwimmbad ist Ellie jetzt 6 Bahnen geschwommen. Alleine. Sie strahlt und fragt: "Guckst du heute wieder zu?" "Na klar", sage ich und frage: "Und was kommt als nächstes dran?"
"Seepferdchen", sagt Ellie. Sie hat einen guten Plan. Er wird ihr gelingen.

22.05.2020

Corona-Gottesdienst

Maria Gutte lebt aktuell in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien, Schwalmtal mit. In den Wochen bis Ende Mai, die zugleich ihre letzten in der Gemeinschaft sind, teilt sie hier ihre Eindrücke und Erlebnisse.

Am vergangenen Sonntag war ich zum ersten Mal in einem Corona-Gottesdienst. Mit telefonischer Voranmeldung. Die St. Michael Kirche hier in Waldniel ist eine große  Kirche. Jetzt wurden 38 Corona-Plätze ausgerechnet und ausgewiesen. Mundschutz, Desinfektionsmittel und eine in Papier gehüllte Oblate gabs im Eingang. Bodenmarkierungen für die Laufrichtung, Sitzplatzmarkierung für den Sicherheitsabstand auf den Bänken, Absperrband wie auf einer Baustelle oder in einem Krimi sorgten für viele Abgrenzungen.
Gesänge waren verboten, Summen erlaubt. Die Vorstellungen über eine Maskenpflicht gingen Gott sei Dank auseinander: Dauerpflicht in der Kirche oder bewegungsabhängig. Wandlung war ganz einfach. Wir standen mit der Oblate in der Hand - "dann reichen die vom Priester gesprochenen Worte aus", erklärte uns Pater Josef aus Indien.
Als wir draußen  vor der Kirche standen und wieder frei durchatmen konnten, entrang sich ein "Halleluja" meiner Brust. Es wurde geteilt. Ein kräftiger Wind rauschte durch die Bäume und unsere Lungen.
Es ist schwer, einen schönen Weg zu finden, mit Sicherheit für alle, Gesundheit für alle, Würde für alle, Gotteslob. Und jede Entscheidung hat ihre eigene Strahlkraft. Darin liegt viel Potential für Trennung. Und das wollen wir ja eigentlich nicht.
Gut scheint es mir, mal den Perspektivwechsel zu üben, ganz ignatianisch.  Wenn ich mal eine Woche die strenge Lockdown-Theorie einnehme und in der nächsten  die der Hygiene Protestanten. Ich werde mehr verstehen.

19.05.2020

Was ist schon normal!

Maria Gutte lebt aktuell in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien, Schwalmtal mit. In den Wochen bis Ende Mai, die zugleich ihre letzten in der Gemeinschaft sind, teilt sie hier ihre Eindrücke und Erlebnisse.

Normal ist das, was die meisten um mich herum machen oder denken!?Corona Zeiten. Plötzlich war alles anders. Die Welt wurde angehalten. Vorschriften und Regeln veränderten sich jeden Tag.  Distanz wurde wichtiger als Nähe, Isolation, die Schule wurden geschlossen, keine öffentlichen Veranstaltungen, keine Flüge, Grenzen zu, keine Gottesdienste ...
Stille, Totenstille, legte sich über das Land. Gebannt hörte man auf die Todeszahlen der Pandemie  und schaute auf Italien, Spanien, Amerika, Indien und Afrika und wieder auf Asien. Auf einmal gehörten wir alle zusammen. Lock down. Eingeschlossen auf unserer Erde.
Was wurde normal für Katholiken? Geschlossene Kirchen, der leere Petersplatz, TV Gottesdienste, spirituelle Angebote: Hoffungs-Tüten, Brief der Hoffnung,  Hoffnungsfunken, Hoffnung tanken....spirituelle Nachbarschaftshilfe von überall.
Aufhebung der Sonntagspflicht, ein "urbi et orbi"-Segen mit dem Allerheiligsten einsam vom Papst im Regen in die Leere gespendet. Aber ein wirksamer Segen ohne personale Anwesenheit, ohne Medien, auch ohne Beichte, ohne Eucharistie...wenn der Mensch ihn nur wünschte. Gott ist der, ich bin da.
Normal wurden Streamingdienst-Messen aus den Pfarreien, Zoom-Bibelteilen, Skype-Infos über den Lockdown der Hilfsprojekte auf der ganzen Welt, Webex-Kar- und Ostertage ... Wir wurden virtuell im Zeichen des Virus.
Aber auch Hausgottesdienste, Beten in kleinster Gemeinschaft, neue Wege des Wort- und Brot-teilens eröffneten sich. Ganz neue Wege taten sich auf. Und ein neuer Morgen.

15.05.2020

Am Anfang

Maria Gutte lebt aktuell in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien, Schwalmtal mit. In den kommenden Wochen, die zugleich ihre letzten in der Gemeinschaft sind, teilt sie hier ihre Eindrücke und Erlebnisse.

Mein Ordens-"Jahr" ist bei den Dominikanerinnen von Bethanien vom 1. März bis zum 1. Juni geplant. Ich werde im Kinderdorf bei Sr. Jordana im Brückenhaus mithelfen.
Ich darf an den Stundengebeten teilnehmen und durch die Treffen im Konvent ergibt sich viel Zeit mit Sr. Anna Maria und Sr. Ruth zum Gespräch über Glauben, Gott und Die Welt.
Die Dominikanerinnen in Schwalmtal haben als Gründungsvater Jean Josef Lataste. Sein Motto war "HOFFEN GEGEN ALLE HOFFNUNG". Er hat im 19. Jhd. einen Weg gefunden, dass Frauen nach ihrer Gefängnisstrafe in eine Dominikanische Gemeinschaft eintreten konnten. Damit konnten sie ein neues Leben beginnen.
Für diese  neue Gemeinschaft hat Lataste gearbeitet und sich aufgeopfert, sodass er schon mit 36 Jahren gestorben ist.
Aus diesen Anfängen in der Gefängnisarbeit entwickelte sich nach dem Krieg die Arbeit für Waisen- und Flüchtlingskinder in bethanischen Kinderdörfern in Holland, Deutschland und Frankreich. Auch wenn einige Kinderdörfer inzwischen in öffentliche Hände übergegangen sind, wirken die Schwestern doch weiter.
Hier im Kinderdorf Bethanien im Schwalmtal steht im Zentrum des Geländes das Schwesternhaus, ein alter Herrensitz. In ihm leben zur Zeit 13 Schwestern ihren Ruhestand. Alle Schwestern haben ihre Aufgaben in Haus und Hof und Garten, sie kochen und waschen alleine, übernehmen Küsterdienste, geben Tanz - und Musikunterricht, arbeiten ehrenamtlich im Gefängnis...auch Unterstützung haben die Schwestern , denn sie sind schon um die 80 Jahre alt. Jede Schwester betet für ein Kinderhaus, sie ist die Betschwester. Und so haben die acht Kinderhäuser , die auf dem Gelände sind, immer Kontakt zu ihrer Schwester. Die Kinder und die älteren Schwestern treffen sich auf jeden Fall bei der sonntäglichen Familienmesse.
Ich teile meinen Alltag mit den jüngeren Schwestern im Konvent. (Um die 60 :) )


Mein Tag sieht meistens so aus:

7.00 Uhr: gemeinsames Gebet und Frühstück im Konvent
8.00 Uhr: gemeinsame Laudes in der Kapelle
9.30 Uhr: Arbeitszeit, Betreuung der Kinder vom Brückenhaus
12.00 Mittagessen im Konvent
Nachmittagsaktivitäten: Putzen, Gartenarbeit, einkaufen, Essen kochen...
16.30 Uhr: Anbetung in der Kapelle
18.00 Uhr: Vesper
Anschließend Abendessen und Recreation


Als ich mich für das Ordensjahr entschied, gab es noch 2 offene Messen plus Sonntagsmesse in der Kapelle. Es gab Einkehrtage, Besinnungstage, die von einem Priester geleitet wurden, einmal monatlich einen Gemeinschaftsgottesdienst der Schwestern in unserem  kleinen Gebetsraum...
Dann kam Corona. Selbst die Gottesdienste, die wir mit dem Auto  in anderen Orten aufsuchten, wurden nach zwei Wochen eingestellt. Es gab nur noch das innere Ordensleben.
Die Schwestern halten sich streng an den Lockdown. Es wurde eine Schicksalsgemeinschaft.

12.05.2020

Wer bin ich?

Maria Gutte lebt aktuell in der Gemeinschaft der Dominikanerinnen von Bethanien, Schwalmtal mit. In den kommenden drei Wochen, die zugleich ihre letzten in der Gemeinschaft sind, teilt sie hier ihre Eindrücke und Erlebnisse.

„Wenn du nur noch drei Monate zu leben hättest, was würdest du dann gerne noch machen?“, hat mich eine Freundin mal gefragt. „Viel beten“, schoss mir durch den Kopf.

Seitdem versuche ich, das Vielbeten immer stärker in meinem Alltag unterzubringen. Ich habe es in meiner beruflichen Arbeit in der Jugend-, Familien- und Flüchtlingshilfe geübt, beim Loslassen meiner drei Kinder und beim Hinhören in die postfamiliäre Phase.

Seit ca. zehn Jahren bin ich mit der ignatianischen Lebensweise vertraut und achte auf Unter- und Entscheidungen in der Stille. So war ich über die Jesuitenmission Nürnberg ein Jahr im JRS-Flüchtlingsdienst in Kenya und drei Monate in einem Erholungsheim für Kinder mit Handycaps in Kirgistan.

In der Silvesternacht 2020 hatte ich noch ganz andere Ideen im Kopf, aber dann kam im Januar eine kleine Notiz über das Freiwillige Ordensjahr (FOJ) auf meinen PC und der Wunsch, das Vielbeten in einem Kloster zu leben, regte sich. Schon in der vierten Januarwoche gab es mit Sr. Maria, der Koordinatorin des FOJ, ein Treffen in meiner Heimatstadt im Ruhrgebiet. „Wann wollen Sie denn anfangen?“, war die Frage Sr. Marias, nachdem wir aus der Fülle der Ordensgemeinschaften eine gute Möglichkeit herausgefunden hatten. „Möglichst bald“, sagte mein Gefühl – und auch mein Mund. So kam es, dass ich in der ersten Februarwoche Sr. Katharina, die Generalpriorin der Dominikanerinnen von Bethanien im Kinderdorf Schwalmtal Waldniel besucht habe. Wir haben vereinbart, dass ich am ersten März mit dem „Vielbeten“ beginnen könne.

20.01.2020

Vier Fragen an: Regina Bluhm

Regina Bluhm lebt seit einigen Monaten bei den Franziskusschwestern in Vierzehnheiligen mit. Sie empfindet diese Zeit als sehr bereichernd. Wieso, das erzählt sie im Interview im ordensjahr.de-Blog.

 

Warum machen Sie ein Freiwilliges Ordensjahr?

In einer franziskanischen Gemeinschaft mitleben und -arbeiten zu können war der Motivationsgrund für ein Freiwilliges Ordensjahr bei den St. Franziskusschwestern in Vierzehnheiligen, einem der bekanntesten Wallfahrtsorte Deutschlands. Es war mein Wunsch, die franziskanische Spiritualität im Gebet und im Austausch mit den Ordensschwestern näher kennenzulernen.

 

Wie erleben Sie das Zusammenleben mit den Ordensleuten?

Das Ordensleben im Kloster ist geprägt von einer klaren Tagesstruktur, in der die Gebetszeiten einen wichtigen Bestandteil bilden. Der Morgen beginnt mit der Laudes und der anschließenden Eucharistiefeier. Am Abend endet der Tag mit der Vesper. Im Mutterhaus in Vierzehnheiligen leben zumeist ältere Ordensschwestern, die ganz unterschiedliche Berufungsgeschichten haben. Allen gemeinsam ist jedoch, dass sie ihr Leben in den Dienst für die Menschen stellen, dessen entscheidendes Fundament der christliche Glaube ist. Die Ordensschwestern arbeiten bzw. arbeiteten in den verschiedensten Berufen, z.B. als Krankenschwester im Krankenhaus, als Erzieherinnen oder Kindergartenleiterinnen, als Sozialpädagoginnen oder Fachlehrerinnen, als Gemeindereferentinnen oder in der Land- und Hauswirtschaft. Ich erlebe die Ordensschwestern als Frauen, die etwas bewegen und im Sinne der Menschen und der Kirche umsetzen möchten. Für einige Ordensschwestern war es seit Kindertagen der Wunsch, später einmal in die Mission zu gehen und in Waisenhäusern oder Schulen tätig zu sein. Die Bedingungen vor Ort waren zumeist erschwert und erforderten viel Kraft und Mut. Beeindruckend ist für mich, mit welchem Engagement und Gottvertrauen die Ordensschwestern seit vielen Jahren in Deutschland und in der Mission wirken.

 

Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Während des Freiwilligen Ordensjahres bei den St. Franziskusschwestern ist eine ältere Ordensschwester verstorben. Ich hatte die Möglichkeit, sie wenige Tage vor ihrem Tod mehrmals im Krankenzimmer zu besuchen. Es war tief bewegend, mit welcher Fürsorge die Ordensschwester in den letzten Tagen ihres Lebens von den Mitschwestern und den Pflegekräften auf der Krankenstation begleitet wurde. Zu jeder Zeit war eine Mitschwester an ihrem Sterbebett, getragen vom Gebet und der tiefen Überzeugung, dass das Leben nicht mit dem Tod endet, sondern in ein erfülltes Leben mit Gott mündet.

 

Was „macht“ das Ordensjahr mit Ihnen?

In den vergangenen Monaten durfte ich ein Teil der Ordensgemeinschaft der St. Franziskusschwestern sein. Ich blicke auf eine erfahrungsreiche Zeit zurück, in der ich einen vertieften Einblick in das Leben und Wirken der Ordensschwestern erhielt und mich mit dem Leben und der Spiritualität des Hl. Franziskus befasste. Insbesondere die Teilnahme an den Gebetszeiten und der Austausch mit den Ordensschwestern waren für mich sehr bereichernd. Während des Freiwilligen Ordensjahres ist mir mehr und mehr bewusst geworden, welch wichtige Bedeutung die Ordensgemeinschaften durch ihr Gebet und ihren selbstlosen Einsatz für den einzelnen Menschen und die gesamte Gesellschaft haben. So bin ich dankbar für diese Zeit.

18.09.2019

Vier Fragen an: Annika Tumbrinck

Annika Tumbrinck hat ein vierwöchiges Praktikum in der Franziska-Schervier-Stube bei den Armen-Schwestern vom heiligen Franziskus in Aachen gemacht und in dieser Zeit im Kloster gelebt. Im ordensjahr.de-Blog beantwortet Sie unsere Fragen:

 

Warum haben Sie sich entschieden, für einige Wochen im Kloster mitzuleben?

Ich habe mich dafür entschieden, ein vierwöchiges Praktikum im Kloster zu machen, weil ich das Leben in einer Ordensgemeinschaft kennenlernen wollte. Ich bin der Meinung, man sollte sich möglichst eigene Eindrücke verschaffen, sodass man sich auch seine eigene Meinung bilden kann und nicht von Gerüchten irregeführt wird.

Während der Zeit meines Aufenthalts habe ich bei der Obdachlosenarbeit geholfen, weil es mir wichtig war die Armut in unserer Gesellschaft kennenzulernen und bedürftigen Menschen zu helfen.

 

Wie haben Sie das Zusammenleben mit den Ordensleuten erlebt?

Ich habe mich während meines Aufenthalts im Kloster wirklich sehr wohl gefühlt und das lag bestimmt zu einem großen Teil an den liebenswerten Menschen. Ich wurde sehr herzlich von der Gemeinschaft aufgenommen und mir wurde die Gelegenheit gegeben, an Aktivitäten und Festivitäten teilzunehmen. Bevor ich die Schwestern kennenlernte hatte ich nur diffuse Vorstellungen vom alltäglichen Leben im Kloster. Ich dachte das Leben dort unterliegt strengeren Regeln, als es eigentlich der Fall ist. Zum Beispiel haben wir in der Freizeit gemeinsame Fahrradtouren gemacht und mir ist klargeworden, dass die Ordensschwestern sehr weltoffene Menschen sind.

 

Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Ich hatte die Möglichkeit an einem Samstagabend bei der wöchentlichen Brotanlieferung von einer Bäckereikette an das Kloster zu helfen. Das überschüssige Brot des Tages wird an die Ordensgemeinschaft gespendet, wo es für die Armenhilfe und den Eigenbedarf genutzt wird. Ich war sehr erschreckt, welch große Mengen an guten Lebensmitteln dort geliefert wurden, die sonst im Müll gelandet wären. Dieses Erlebnis hat mir vor Augen geführt, wie unverantwortlich wir mit unseren Lebensmitteln umgehen, während andere Menschen hungern müssen. Es hat mir aber auch gezeigt, dass die Schwestern sich solcher Probleme annehmen, nach Lösungen suchen und helfen, soweit es in ihrer Kraft steht. Und das hat mich, trotz der Traurigkeit der Sache, begeistert.

 

Was hat diese Zeit mit Ihnen „gemacht“?

Ich habe in dieser Zeit viele wertvolle Erfahrungen gesammelt. Das Zusammenleben mit den Schwestern hat mir den Einblick in eine andere Lebensweise ermöglicht, die einem sonst eher verborgen bleibt. Besonders die Arbeit mit den Obdachlosen hat mir viel zu denken gegeben. Die Armut, die wir auch hier in Deutschland haben, ist mir dadurch bewusster vor Augen getreten. Es ist mir wichtig, solche Probleme in unserer Gesellschaft kennenzulernen, damit ich mein Leben bewusster führen kann und somit hoffentlich zur Lösung bzw. Verbesserung dieser Probleme beitragen kann.

12.08.2019

Vier Fragen an: Lea Fränzle

Lea Fränzle hat ein Freiwilliges Ordensjahr bei den Schwestern der schmerzhaften Mutter in Wien gemacht und sich währenddessen Zeit genommen, für den ordensjahr.de-Blog unsere Fragen zu beantworten.


Warum machen Sie ein „freiwilliges Ordensjahr“?

Beworben habe ich mich vor allem aus einer Faszination für das Phänomen Ordensleben heraus. Ordensleute hatte ich als wache Menschen erlebt, bei denen die Offenheit für und das Leben in der heutigen Zeit und die Verankerung in ihrer Tradition eine fruchtbare Spannung ergibt und von denen ich lernen kann. Außerdem wollte ich ausprobieren, was es mit dem eigenen Glauben und Zweifeln macht, in Gemeinschaft und mit einer verbindlichen Struktur zu beten.

 

Wie erleben Sie das Zusammenleben mit den Ordensleuten?

Ich bin herzlich aufgenommen worden und wurde als Teil der Gemeinschaft behandelt. In der Gemeinschaft zählt, dass jede sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten einbringt, von der Gestaltung der Gebetszeiten über die Tischgespräche bis zum Abwasch danach. Ich hatte jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen und auch persönliche Fragen, beispielsweise nach den Berufungsgeschichten oder Glaubenszweifeln der Schwestern, wurden sehr offen beantwortet. Umgekehrt waren die Schwestern an meinen Wahrnehmungen interessiert und haben das Einbringen der eigenen Perspektive auch explizit eingefordert.

Natürlich führen die große Altersspanne in der Gemeinschaft, verschiedene Lebenswelten und die Eigenheiten jeder Einzelnen gelegentlich zu Spannungen, aber es war ein großes Bemühen um einen feinen Umgang miteinander und eine klare Kommunikation spürbar.

 

Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Viele kleine. Ars pro toto:

Donnerstagabend ist in der Regel ein Bibelgespräch zum Evangelium des folgenden Sonntages. Nach der Lesung und einer Zeit der Stille sagen alle, was sie zu der jeweiligen Stelle denken, was sie berührt hat, welche Fragen sie an den Text haben. Eine junge Juristin, die auch in der Gemeinschaft mitlebt und ich haben uns auf grammatikalische Feinheiten gestürzt, wenn-dann-Beziehungen analysiert; am Ende blieben viele Fragen. Das haben die Schwestern ernst genommen, mit uns diskutiert und vor allem auch ihre Lesart des Textes beigetragen. Wo wir mit dem Kopf herangegangen sind, haben sie - so kitschig das klingen mag - mit dem Herzen gelesen und dabei eine Weisheit aufscheinen lassen, vor der ich nur staunen konnte.

 

Was "macht" das Ordensjahr mit Ihnen?

Die Zeit im Kloster hat meinen Horizont geweitet. Ich hatte viel Raum zur Reflexion, dadurch habe ich mich selber besser kennenlernen und an mir arbeiten können. Die Gemeinschaft wirkt als Korrektiv und Unterstützung in dieser Entwicklung: zum Beispiel musste ich lernen, in meiner Kommunikation auf die älteren Schwestern einzugehen, damit auch eine Schwester Mitte 70 versteht, was ich ihr am Computer erkläre. Die Struktur gibt einen Rahmen vor, der nicht wie zuerst befürchtet einengt, sondern mir geholfen hat, disziplinierter zu werden. Meine Noten dieses Semester zeugen davon. Außerdem hatte ich Gelegenheit, über den Glauben nachzudenken und ganz selbstverständlich mit anderen darüber zu sprechen. Ich zweifle jetzt nicht weniger als vorher, aber habe einige neue Zugänge und Gebetsformen kennenlernen dürfen und einen Einblick in franziskanische Spiritualität bekommen.

Das FOJ erfordert Offenheit und ein Sich-Einlassen auf Dinge, die einem erstmal fremd erscheinen. Wenn man dazu bereit ist, kann man unheimlich viel entdecken. Neben einer ausgeprägten Vorliebe für österreichische Mehlspeisen und ein gewachsenes liturgisches Empfinden nehme ich vor allem viele gute Erinnerungen mit.

24.07.2019

Vier Fragen an: Curt Cheauré

Dr. Curt Cheauré hat nach seinem aktiven Berufsleben ein freiwilliges Ordensjahr absolviert und war für ein halbes Jahr bei den Salvatorianern in Wien zu Gast. Im ordensjahr.de-Blog beantwortet er unsere Fragen und erzählt von seiner Zeit im Kloster.

Warum haben Sie ein „freiwilliges Ordensjahr“ gemacht?

Nach 40 Jahren als hauptberuflicher Religionslehrer an einem gewerblichen Berufsbildungszentrum in Würzburg bin ich im letzten Sommer in den Ruhestand getreten. Gerne wollte ich neben meinen familiären Einbindungen als Vater und Großvater mich noch ein wenig im kirchlichen Bereich einbringen. So habe ich mich für eine FOJ-Zeit beworben und durfte von Ende September 2018 bis Palmsonntag 2019 ein gutes halbes Jahr bei den Salvatorianern in St. Michael in Wien mitleben und mitarbeiten.

Wie haben Sie das Zusammenleben mit den Ordensleuten erlebt?

Entspannt, kooperativ, abwechslungsreich, bereichernd, rücksichtsvoll, mit einer guten Balance von Einbindung und persönlichem Freiraum. Ich glaube, wir haben es jeweils als eine win-win- Situation gesehen.

Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Gleich am ersten Tag durfte ich eine Fotografin für zwei Stunden in die Michaeler Gruft, eine große, historische Grablege in der Unterkirche, begleiten, um ihr bei Fotoaufnahmen als Beleuchter zur Seite zu stehen.

Aber ich durfte auch einmal wöchentlich im Quo Vadis?, dem Begegnungszentrum der österreichischen Ordensgemeinschaften, mithelfen, hatte vielfältige, kleine Aufgaben im Bereich der Kirche, durfte im Ordensarchiv mitarbeiten, an Fortbildungen teilnehmen und ein SDS Kloster in Temesvár in Rumänien besuchen.

Was hat das Ordensjahr mit Ihnen „gemacht“?

Es hat mir - wie erwartet - verdeutlicht, dass es im dritten Lebensabschnitt noch genug Aufgaben und Herausforderungen gibt. DEO volente darf ich im kommenden Herbst wieder bei den Salvatorianern mitarbeiten.

12.07.2019

Vier Fragen an: Doris Neger

Das Freiwillige Ordensjahr gibt es in Österreich schon seit mehreren Jahren. Doris Neger hat daran im Kloster St. Elisabeth in Schaan bei den Anbeterinnen des Blutes Christi teilgenommen. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen.

Warum haben Sie ein „freiwilliges Ordensjahr“ gemacht?

Es war der starke innere Wunsch, einen Raum der Stille und des Gebets zu betreten. Mehr oder weniger "zufällig" bin ich dann über Umwege auf die Möglichkeit des "freiwilligen Ordensjahres" gestoßen. Parallel dazu hat sich ein Zeitfenster eröffnet. Davor lagen einige Jahre mit einem hohen beruflichen Engagement in anspruchsvollen Umfeldern. Ich war "rund um die Welt" und „rund um die Uhr“ unterwegs und irgendwie in meiner "Rolle" gefangen. Das führte mich schlussendlich in einen Zustand der Dauererschöpfung. Ohne dass ich es zunächst bemerkte. Die Zeit für einen Wandel war gekommen, ein sich Öffnen für Veränderungen und andere Wege. Die Zeit im Kloster war der Boden für eine bewusste Auseinandersetzung hin zu neuen Verhaltensweisen.

Wie haben Sie das Zusammenleben mit den Ordensleuten erlebt?

Weiblich. Bunt. Individuell. Engagiert. Stil- und respektvoll. Fürsorglich. Als mutiges, tägliches Miteinander durch sich verändernde Zeiten. Keineswegs konfliktfrei. Wie eben das Leben selbst. Meine „Begleitschwester“ hat mich großartig durch meine Ordenszeit geführt. 14tägige Orientierungsgespräche haben den Rahmen gebildet. Darüber hinaus hat sie mich aber auch einfach „sein“ lassen. Oft ist mir die Liebe begegnet: Sie war gegenwärtig … in verantwortungsvoller, ökologischer Kreislaufwirtschaft, frisch duftender Bettwäsche, vielen Frühaufsteherinnen, besonders festlichen Gottesdiensten, inhaltsreichen Gebetszeiten und täglichen Gesprächen. Aber auch in unserem Abtrocknen-Team, beim abendlichen Kartenspielen mit den älteren Schwestern (Schweißperlen auf meiner Stirne!), bei Lachsalven am Tisch, bei meditativen Spaziergängen rund um das Kloster, umgeben von einer prachtvollen Berglandschaft ...

Gibt es ein Erlebnis, das Ihnen besonders in Erinnerung ist?

Zweifellos sind das die Tischgemeinschaften: Liebevoll gestaltete Gedecke, gesunde Mahlzeiten (häufig aus dem eigenen Garten) und lebhafter Austausch (in glücklichen, alltäglichen und traurigen Momenten). Das alles eingehüllt in eine gefühlte Atmosphäre der Dankbarkeit und gelebter Gastfreundschaft. Ein besonderer Höhepunkt war die Adventzeit mit persönlichen Tagesimpulsen von uns allen beim Abendessen, welche in eine kreative Gestaltung einer eigenen "Adventwand" mündete.

Was hat das Ordensjahr mit Ihnen „gemacht“?

Das wage ich jetzt noch gar nicht abzuschätzen. Auch einige Monate später wirkt alles noch nach. Jedenfalls habe ich inneren Frieden gefunden. Auch wenn der Sturm um mich tobt. Impulsgebend, wenn auch anstrengend, waren die Ordensjahr-Wochenenden. Die Begegnung mit anderen TeilnehmerInnen, jeder auf seinem Weg. So viele individuelle Lebenssituationen, ein persönliches „Ankommen“ in „passenden“ Ordensgemeinschaften. Was bleibt ist sicherlich die Erkenntnis, dass klösterliche Kernwerte von zeitloser Schönheit sind. Es ist der dahinter liegende Ewigkeitsgedanke verbunden mit hohem Engagement im Jetzt. Ich habe begonnen, mein Tempo zu drosseln, häufiger inne zu halten. Und mein Leben disziplinierter, gleichzeitig aber auch freier zu gestalten.